Eine reale Geburtstagstorte ist besser als Posts und Emojis.
10.08.2024
In den letzten Monaten sind zwei bemerkenswerte Entwicklungen zu beobachten. Auf der einen Seite scheitern Tech-Unternehmen wie Apple und Google dabei, die Gesellschaft auf eine Zukunft der künstlichen Intelligenz einzustimmen. Sowohl die Hydraulikpresse von Apple als auch der Olympia-Spot für Gemini AI trafen auf so viel Kritik und Ablehnung, dass beide schon nach wenigen Tagen zurückgezogen und nicht mehr im Fernsehen geschaltet wurden.
Auf der anderen Seite gibt es eine überraschende Gegenbewegung. Nachdenkliche Kampagnen sehen die Nachteile für unser soziales Miteinander und die Gesellschaft insgesamt, wenn wir unser Leben zunehmend von Smartphones, sozialen Netzwerken und Chatbots beherrschen lassen. Dieser Trend zu weniger Technik im Alltag geht so weit, dass sogar ein Mobilfunkanbieter empfiehlt, weniger auf unser Smartphone zu starren.
Als neuester Unterstützer hat sich die Marketing-Kampagne "Got Milk?" angeschlossen und mit einer stillen Geschichte eindringlich daran erinnert, dass die schönsten Erlebnisse immer noch analog stattfinden. Es beginnt damit, dass ein junger Mann an seinem Geburtstag in einem Restaurant arbeiten muss, während er Gästen beim Feiern zuschaut. Er bekommt zwar Nachrichten, Emojis und eine Torte auf sein Smartphone, aber das kann ihn nicht wirklich begeistern. Er fühlt sich einsam und ist sichtlich traurig. Das Ende dieser Geschichte ist absehbar und eine Überraschungsparty ein Klassiker emotionaler Erzählung, dennoch ist es ein gelungener Spot. Der mit der Erkenntnis "When real cakes are back, real is back". Ein netter Gag fällt leider kaum auf: Als die reale Feier beginnt, verabschiedet sich das Smartphone mit leerem Akku. Es hat seinen Teil getan, jetzt beginnt das echte Leben.
Hinter der Kampagne steht MilkPEP, eine 1990 von der amerikanischen Milchwirtschaft gegründete Initiative, die über vielfältige Kanäle über Milch informiert, Daten und Fakten bereitstellt und mit Marketing-Aktivitäten wie dieser die Nachfrage erhöhen soll. Finanziert wird die Arbeit von der Milchwirtschaft und der Regierung.
Goodby Silverstein & Partners hat in den 90er Jahren die ikonische Kampagne "Got Milk?" entwickelt, deren erster Spot bis heute legendär ist. Ein junger Mann wird als Kandidat eines Fernsehquiz angerufen und weiß die richtige Antwort "Aaron Burr". Leider kann er nicht verständlich sprechen, da er gerade einen trockenen Cookie im Mund hat. So entgeht ihm der Gewinn, nur weil keine Milch zur Hand war. Im Laufe der Jahre traten unzählige Prominente in der Kampagne des MilkPEP (Milk Processor Education Program) auf, unvergessen unter anderem die nächtliche Jagd von Salma Hayek nach Milch. Die letztlich vergeblich war. Die Strategie war ungewöhnlich: Es sollten nicht die ohnehin bekannten Vorzüge von Milch bekräftigt werden, sondern mögliche Nachteile, wenn man keine Milch trinkt oder keine vorhanden ist.